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Ist meine Bewerbung in einem anderen Unternehmen ein Kündigungsgrund?

Die kurze Antwort lautet: Grundsätzlich nein. Sie haben das Grundrecht auf freie Berufswahl und können sich daher aussuchen, für wen Sie arbeiten.

Das gilt in jeder der folgenden Situationen:

- Sie haben sich entschieden, eine neue Stelle zu suchen.
- Sie führen schon Bewerbungsgespräche.
- Sie haben bereits einen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben (und noch nicht die Arbeit angetreten), aber den alten Vertrag noch nicht gekündigt.

Auch wenn es Ihrem aktuellen Arbeitgeber nicht passt: Keine dieser Situationen rechtfertigt für sich genommen eine Kündigung. Ansonsten wäre es sehr unsicher, eine Neuanstellung zu suchen. Sie könnten im schlechtesten Fall ganz ohne Job dastehen.

Beispiel: Die Arbeitnehmerin teilte ihrer Arbeitgeberin Anfang 2019 mit, dass sie das Unternehmen im April 2019 wechseln möchte. Sie reichte eine Kündigung mit Wirkung zum 15.04.2019 ein. Die Arbeitgeberin kündigte daraufhin selbst zum 28.02.2019. Schließlich habe die Arbeitnehmerin gezeigt, dass sie nicht mehr bei ihr arbeiten wolle. Das Arbeitsgericht Siegburg hielt die Kündigung der Arbeitgeberin für unwirksam. Der „Abkehrwille“ allein reiche nicht aus, um eine Kündigung zu rechtfertigen (angelehnt an AG Siegburg, Urteil v. 17.07.2019, Az. 3 Ca 500/19).

Wann doch eine Kündigung nach einer Bewerbung droht

Eine neue Bewerbung oder die Absicht dazu reichen also nicht für eine Kündigung aus. Erst wenn der Arbeitnehmer in diesem Zusammenhang Pflichten verletzt, kann der Arbeitgeber kündigen. Wichtig sind vor allem die folgenden Konstellationen:

Geschäftsgeheimnisse verraten

Wer eine neue Stelle sucht, hält oft Ausschau bei Konkurrenzunternehmen. Hier sollten Sie darauf achten, welche Informationen Sie weitergeben. Der Arbeitgeber hat nämlich ein Recht darauf, dass seine Geschäftsgeheimnisse geschützt bleiben. Wenn Sie als Arbeitnehmer solche Geheimnisse verraten, droht im Ernstfall eine Kündigung.

Als Geschäfts- bzw. Betriebsgeheimnisse gelten Informationen,

- die sich auf das Unternehmen beziehen,
- nicht öffentlich zugänglich sind und
- an deren Geheimhaltung der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse hat.

Dabei geht es insbesondere um technische Daten, zum Beispiel geheime Rezepturen oder Arbeitsabläufe. Aber auch wirtschaftliche und kaufmännische Informationen sind geschützt, zum Beispiel Umsatzzahlen oder der Kundenstamm.

Oft wird zusammen mit dem Arbeitsvertrag eine Verschwiegenheitsvereinbarung getroffen. Aber auch ohne Vereinbarung müssen Sie Stillschweigen bewahren.

Verstoß gegen Wettbewerbsverbot

Sie sind Ihrem Arbeitgeber außerdem zur „Treue und Loyalität“ verpflichtet. Deshalb ist es untersagt, in Wettbewerb mit dem eigenen Arbeitgeber zu treten. Sie verstoßen möglicherweise gegen das Wettbewerbsverbot, wenn Sie

- für ein Konkurrenzunternehmen arbeiten,
- sich an einem Konkurrenzunternehmen beteiligen,
- Kunden Ihres aktuellen Arbeitgebers abwerben oder
- Mitarbeiter beim aktuellen Arbeitgeber abwerben.

Die Grenze zwischen noch erlaubten und schon verbotenen Tätigkeiten ist dabei fließend. Es kommt jeweils darauf an, ob die berechtigten Interessen des Arbeitgebers durch das Verhalten gefährdet sind. Diese Frage beurteilt sich nach den Umständen im Einzelfall.

Beispiel: Die Arbeitnehmerin arbeitet für einen großen Autohersteller. Einen Teil ihres privaten Vermögens investiert sie in Aktien eines anderen Autoherstellers. Zwar ist sie durch den Aktienkauf formell an dem anderen Unternehmen beteiligt. Solange es sich nur um eine kleine Geldanlage handelt und sie durch ihre Investition keinen Einfluss auf das Unternehmen erhält, verletzt der Aktienkauf nicht das Wettbewerbsverbot.

Beispiel: Der Arbeitnehmer arbeitet bei einem Pflegedienst. Er plant, sich bald mit einem eigenen Pflegedienst selbstständig zu machen. Eine Kündigung hat er aber noch nicht eingereicht. Er lädt zwei Kolleginnen zu einem Gespräch in eine Bäckerei ein und erzählt von seinem Plan. Bei dem Gespräch legt er seinen Kolleginnen Mustertexte für eine Kündigung und Arbeitsverträge für den eigenen Pflegedienst vor. Dieses Verhalten verstößt gegen das Wettbewerbsverbot und kann eine Kündigung und Schadensersatzansprüche nach sich ziehen (angelehnt an Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 19.12.2018, 10 AZR 233/18).

Bewerbungsgespräche während der Arbeitszeit

Es kann auch passieren, dass Sie zu einem Bewerbungsgespräch während Ihrer Arbeitszeit eingeladen werden. Zunächst haben Sie leider kein Recht, für die Vorstellung beim neuen Arbeitgeber von der Arbeit freigestellt zu werden. Das gilt jedenfalls, soweit Sie noch nicht gekündigt haben oder wurden.

Manche Arbeitnehmer kommen deshalb auf die Idee, in dieser Situation Krankheit oder einen Notfall vorzutäuschen. Dieses Vorgehen ist äußerst riskant. Unter Umständen riskieren Sie durch das Krankfeiern

- eine (fristlose) Kündigung
- eine Anzeige wegen Arbeitszeitbetrugs und
- Schadensersatzansprüche.

Stattdessen sollten Sie das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen oder Urlaub beantragen. Letzteres hat den Vorteil, dass Sie Ihrem Arbeitgeber nichts von Ihrer Bewerbung erzählen müssen.

Wurde das Arbeitsverhältnis gekündigt, sieht es anders aus. Dann haben Sie einen gesetzlichen Anspruch darauf, für ein Bewerbungsgespräch frei zu bekommen. Dafür müssen Sie im Voraus eine Freistellung beantragen sowie Grund und Dauer angeben. Sie dürfen also nicht einfach ohne Mitteilung der Arbeit fernbleiben. Die Arbeitgeberin darf Ihr Verlangen aber auch grundsätzlich nicht ablehnen.

Neuen Arbeitsvertrag verschwiegen

Sie müssen Ihren Arbeitgeber grundsätzlich nicht darüber informieren, dass Sie eine neue Stelle suchen. Zur Mitteilung sind Sie allerdings verpflichtet, wenn der Arbeitgeber danach fragt, ob Sie den Wechsel Ihres Arbeitsplatzes planen.

Das Landesarbeitsgericht Hamm bestätigte im Jahr 1968 sogar eine fristlose Kündigung, weil der Arbeitnehmer trotz Nachfrage einen bereits unterschriebenen Vertrag verschwiegen hatte.

Es mag Ausnahmesituationen geben, in denen Sie auch ohne Nachfrage dem Arbeitgeber Ihren Plan vorstellen müssen. Das kann in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber offensichtlich im hohen Maße auf Ihre Unterstützung angewiesen ist und mit ihr rechnet.

Neuer Bewerber gerade zur Hand

Es gibt eine Sondersituation, in der auch ohne ein Fehlverhalten Ihrerseits eine Kündigung in Frage kommt. Das Bundesarbeitsgericht hat in einem älteren Urteil folgendes entschieden:

Der Arbeitnehmer arbeitete in einer Druckerei und wollte das Unternehmen bald verlassen. Das war dem Arbeitgeber bekannt. Für die Position des Arbeitnehmers war zu dieser Zeit nur schwer Ersatz zu finden. Der Arbeitgeber hatte zufällig gerade eine Ersatzkraft an der Hand, die er einstellen konnte. Das BAG akzeptierte die betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers (BAG, Urteil v. 22.10.1964, 2 AZR 515/63).

Es ist zu bezweifeln, ob die Gerichte heute noch so entscheiden würden. Gegen dieses Urteil sprechen gute Argumente. In der Fachliteratur wird es zumeist abgelehnt.

Fristlose Kündigung wegen neuer Bewerbung

Für eine fristlose Kündigung gelten noch strengere Anforderungen als für eine ordentliche fristgerechte Kündigung. Deshalb gilt auch hier der Grundsatz: Wegen einer Bewerbung bei einem anderen Unternehmen müssen Sie keine (fristlose) Kündigung befürchten.

Nur wenn Sie in besonderem Maße gegen Ihre Pflichten verstoßen, kann die Arbeitgeberin fristlos kündigen (zum Beispiel beim Abwerben von Kollegen, s.o.). In allen anderen Fällen ist eine solche Kündigung unwirksam.

Sie müssen trotzdem klagen!

Gerade wenn die Kündigung ungerechtfertigt ist, sollten Sie sich unbedingt mit einer Kündigungsschutzklage wehren. Wenn nämlich nach Zugang der Kündigung drei Wochen vergangen sind, wird sie wirksam!

Auch wenn Sie die Kündigung hinnehmen wollen, hat die Kündigungsschutzklage einen entscheidenden Vorteil: Der Arbeitgeber lässt sich vor Gericht häufig zu einer Abfindung hinreißen. Für ihn lohnt es sich nämlich, den teuren und risikoreichen Gerichtsprozess zu vermeiden. Dazu wird er nicht mehr bereit sein, wenn die Kündigung unanfechtbar geworden ist.

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