Inhaltsverzeichnis
- Kündigung des Arbeitnehmers bei falscher Krankmeldung?
- Muss der Arbeitnehmer sich denn immer krankmelden?
- Wer muss die Arbeitsunfähigkeit beweisen?
- Was ist während der Arbeitsunfähigkeit erlaubt?
- Darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer beobachten?
- Reicht der bloße Verdacht des Krankfeierns für eine Kündigung aus?
Kündigung des Arbeitnehmers bei falscher Krankmeldung?
Grundsätzlich gilt: Wer sich beim Arbeitgeber krankmeldet, ohne tatsächlich krank zu sein, riskiert eine Kündigung. In vielen Fällen kann sogar die fristlose Kündigung gerechtfertigt sein. Auch eine Abmahnung ist meist nicht erforderlich. Schließlich ist das Vortäuschen der Arbeitsunfähigkeit ein Betrug oder Betrugsversuch zu Lasten des Arbeitgebers.
Übrigens genügt in einigen Fällen auch schon die Drohung mit Krankheit bzw. Arbeitsunfähigkeit für eine (fristlose) Kündigung.
Beispiel: Dem Arbeitnehmer wird ein Urlaubsantrag für den Juli rechtmäßig nicht bewilligt. Er kündigt daraufhin im März an, dass er in dem Zeitraum krank sein werde.
Das Risiko einer Kündigung geht auch ein, wer sich nach seiner Genesung nicht wieder zur Arbeit meldet. Wird ein Arbeitnehmer früher wieder gesund, als in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) prognostiziert, muss er grundsätzlich zur Arbeit erscheinen.
Beispiel: Der Arzt stellt eine AUB bis zum 23.5. aus. Ist der Arbeitnehmer überraschenderweise schon am 17.5. wieder fit, muss er arbeiten gehen.
Allerdings sollte der Arbeitnehmer in jedem Fall mit seinem Arzt absprechen, ob er tatsächlich wieder gesund ist.
Kündigt der Arbeitgeber, weil der Arbeitnehmer den auf der AUB angegebenen Zeitraum trotz Genesung voll ausschöpft, steht er meist vor einem Problem. Er muss nämlich beweisen, dass der Arbeitnehmer entgegen der ärztlichen Prognose wieder arbeitsfähig ist. Das gelingt häufig nicht.
Muss der Arbeitnehmer sich denn immer krankmelden?
Ja, der Arbeitnehmer muss sich immer krankmelden, wenn er arbeitsunfähig erkrankt ist. Zu unterscheiden sind
- die einfache Krankmeldung und
- die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes.
Bei der Krankmeldung handelt es sich um die formlose Mitteilung des Arbeitnehmers, dass er arbeitsunfähig erkrankt ist und wie lange er voraussichtlich ausfällt. Sie hat unverzüglich zu erfolgen – nach Möglichkeit vor Arbeitsbeginn.
Wer länger als drei Tage krank ist, muss die Arbeitsunfähigkeit durch eine ärztliche Bescheinigung nachweisen (AUB). Man spricht auch vom „gelben Schein“. Davon abgesehen kann der Arbeitgeber aber vertraglich festlegen, dass dieser Nachweis schon ab dem ersten Krankheitstag vorzulegen ist. Andernfalls könnten Arbeitnehmer krankfeiern, indem sie sich regelmäßig für nur zwei Tage krankmelden.
Wichtig: Nicht erst eine vorgetäuschte oder erschlichene AUB kann zur Kündigung führen. Auch eine falsche Krankmeldung führt schnell dazu, dass der Arbeitgeber kündigen kann.
Wer muss die Arbeitsunfähigkeit beweisen?
Eine Kündigung wegen Krankfeierns scheitert häufig an praktischen Beweisfragen.
In der Regel muss nämlich der Arbeitgeber das Krankfeiern des Arbeitnehmers beweisen. Dies stellt sich insbesondere bei Vorliegen einer AUB schwierig dar, weil das ärztliche Attest vor Gericht einen hohen Beweiswert hat. Erst wenn konkrete Zweifel an der Richtigkeit des Attests bestehen, muss der Arbeitnehmer näher darlegen, dass er tatsächlich krank war.
Konkrete Zweifel an der Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeit bestehen beispielsweise, wenn
- der Arbeitnehmer bereits vor der Krankmeldung ankündigt oder sogar damit droht, er werde krankfeiern
- widersprüchliche Angaben zum Grund der Arbeitsunfähigkeit gemacht werden
- dem Arbeitnehmer eindeutig anzusehen ist, dass er nicht arbeitsunfähig ist (z.B. weil sein Bein offensichtlich nicht gebrochen ist)
- der Arbeitnehmer im betreffenden Zeitraum für eine andere Firma tätig wird.
Hat das Gericht konkrete Zweifel an der Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, so sollte er sich nicht mehr allein auf das ärztliche Attest berufen. Er muss dann konkret zu seiner Erkrankung vortragen. Zusätzlich muss er die behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbinden. Das Gericht wird dann durch Beweisaufnahme klären, ob der Arbeitnehmer tatsächlich wie angegeben krank war.
Übrigens kann der Arbeitgeber Atteste von Ärzten aus anderen EU-Ländern nicht pauschal abweisen, weil sie nicht aus Deutschland stammen. Atteste aus der EU haben denselben Beweiswert wie eine deutsche Bescheinigung.
Was ist während der Arbeitsunfähigkeit erlaubt?
Anders als häufig angenommen, muss ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer nicht zwangsweise das Bett hüten. Er darf alles tun, was seiner Genesung nicht abträglich ist. Der Arbeitgeber kann also nicht pauschal wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit kündigen, weil der Arbeitnehmer nicht zuhause geblieben ist.
Beispiele: Ein LKW-Fahrer, dessen Arm gebrochen ist, kann nicht gekündigt werden, weil er im Kino gesehen wurde.
Wer allerdings wegen einer Grippe der Arbeit fernbleibt und abends in einer Bar angetroffen wird, muss mit einer Kündigung rechnen.
Es kommt also letztlich darauf an, ob sich der Arbeitnehmer genesungswidrig verhält.
Darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer beobachten?
Wie erwähnt, kann der Arbeitgeber häufig nur schwer nachweisen, dass der Arbeitnehmer eigentlich gar nicht arbeitsunfähig erkrankt ist. Er setzt daher oft vieles daran, Informationen über die Erkrankung zu erhalten.
Dabei hat er allerdings Maß zu halten. Beachtet er die Privatsphäre des Arbeitnehmers nicht, kann seine Beobachtung vor Gericht nicht zur Begründung der Kündigung herangezogen werden.
Wann diese Grenze überschritten ist, hängt vom Einzelfall ab. Folgende Anhaltspunkte können eine erste Orientierung geben:
- Der Arbeitgeber darf sich an den medizinischen Dienst der Krankenkassen wenden, die die Arbeitsunfähigkeit durch eigene Ärzte überprüfen.
- Schlägt der Arbeitgeber vor der Wohnungstür auf, muss der Arbeitnehmer ihn weder hereinlassen noch muss er sich zur Krankheit äußern.
- Der Arbeitgeber darf nicht einfach Filmaufnahmen vom Arbeitnehmer machen. Das ist allenfalls gerechtfertigt, wenn ein konkreter Verdacht besteht, dass der Arbeitnehmer krankfeiert.
- Auch ein Detektiv darf nur beauftragt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass der Arbeitnehmer seine Krankheit nur vortäuscht.
Reicht der bloße Verdacht des Krankfeierns für eine Kündigung aus?
Hat der Arbeitgeber nur den Verdacht, dass der Arbeitnehmer krankfeiert, kommt es einmal mehr auf den Einzelfall an. Folgende Voraussetzungen müssen für eine solche Verdachtskündigung erfüllt sein:
- Konkrete Anhaltspunkte für das Krankfeiern müssen bestehen.
- Der Arbeitnehmer muss zu den Vorwürfen angehört werden.
- Der Vorwurf erschüttert das Vertrauensverhältnis schwer (was beim Vorwurf vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit meist erfüllt ist).
- Die Interessen des Arbeitgebers wiegen schwerer als die des Arbeitnehmers (so sind z.B. Dauer des Krankfeierns, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Ausmaß der Täuschung und andere Umstände zu berücksichtigen).
Beispiel: Der Arbeitgeber stellt durch einen Detektiv fest, dass der Arbeitnehmer trotz angeblicher Erkrankung umfangreiche Bauarbeiten durchführt. Letztendlich kann nicht bewiesen werden, dass der Arbeitnehmer die Krankheit nur vortäuscht. Aufgrund seines Verhaltens besteht allerdings ein erheblicher Verdacht. Das Landesarbeitsgericht hielt die fristlose Kündigung deshalb für zulässig (LAG Rheinland-Pfalz 10 Sa 100/13).